Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Vorstandsdirektorin der DONAU Versicherung AG Vienna Insurance Group, erklärt im Gespräch, wie sich die Lebens- und Krankenversicherungslandschaft in den letzten Jahren verändert hat und warum private Altersvorsorge heute wichtiger denn je ist.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 20.12.2024
Seit 2019 hat sich im Bereich der Lebensversicherung viel verändert. „Wir befanden uns mitten in einer Niedrigzinsphase, die bis Juli 2022 anhielt. Zu dieser Zeit lagen die durchschnittlichen Sparzinsen bei 0,01 bis 0,5%, was im Vergleich zur Inflation, die zwischen 1,5 und 1,7% schwankte, zu einem Wertverlust führte“, erinnert sich Dr. Fichtenbauer. Trotz dieser Herausforderungen gelang es der DONAU, ihren Kunden in der klassischen Lebensversicherung eine Gewinnbeteiligung von mindestens 1,75% zu bieten. „Das hat es uns ermöglicht, den Wertverlust durch die Inflation auszugleichen“, so Fichtenbauer weiter. Mit den gestiegenen Zinsen seit Juli 2022 seien die Lebensversicherungsprodukte noch attraktiver geworden. Sie betont, dass auch die geopolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, wie die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise, den Bedarf an Vorsorge unterstrichen haben: „Die wirtschaftlichen und geopolitischen Veränderungen haben gezeigt, dass Vorsorge allgemein – und besonders Altersvorsorge – unbedingt notwendig sind, um den Lebensstandard auch in Zukunft aufrechterhalten zu können.“
Ein weiteres wichtiges Thema für die DONAU ist die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten. „Das zunehmende Interesse an ESG (Environment, Social, Governance) ist ein Trend, der seit 2019 stark angestiegen ist. Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten ist kontinuierlich gewachsen“, so Fichtenbauer. Sie hebt hervor, dass die DONAU auf diesen Trend reagiert hat, indem sie das Produkt „Green Protect“ eingeführt hat, das das österreichische Umweltzeichen trägt und gleichzeitig eine Möglichkeit zur privaten Vorsorge bietet.
Zukunft des Lebensversicherungsmarktes: Altersvorsorge als dringendes Thema
„In Österreich besteht ein dringender Handlungsbedarf in der Altersvorsorge“, erklärt Fichtenbauer, „denn immer weniger Einzahler im staatlichen Pensionssystem stehen immer mehr Pensionsempfängern gegenüber. 2050 müssen bereits 1,3 Einzahler einen Pensionisten erhalten.“ Dieser demografische Wandel führt dazu, dass die Nachfrage nach privater Absicherung für das Alter und die Familie immer weiter steigt. „Die gestiegenen Zinsen haben die klassische Lebensversicherung wieder attraktiv gemacht. Die fondsgebundene Lebensversicherung bleibt ebenfalls attraktiv, weil sie höhere Ertragschancen bietet“, ist Fichtenbauer überzeugt. Diese stabilen Rahmenbedingungen und die steigende Notwendigkeit der privaten Absicherung tragen laut ihr dazu bei, dass der Lebensversicherungsmarkt auch künftig positiv weiter wachsen wird.
Regulatorische Herausforderungen: Komplexität und Umsetzung in der Praxis
Fichtenbauer erklärt, dass die regulatorischen Anforderungen für die DONAU in den letzten Jahren immer komplexer geworden sind. „Wir monitoren laufend die regulatorischen Anforderungen und Veränderungen und setzen diese im konkreten Geschäftsbetrieb um“, sagt sie und nennt als Beispiele neue europäische Regelwerke wie IFRS 17, erweiterte Geldwäschevorschriften oder die DSGVO. „Diese Vorschriften haben einen gut gemeinten Hintergrund zum Schutz der Konsumenten, sind jedoch komplex und aufwändig in der Umsetzung“, so Fichtenbauer. Sie betont, dass die DONAU dennoch darauf achten müsse, ihre operative Effizienz zu bewahren und gleichzeitig den Vorteil für die Kunden sichtbar zu halten.
Vorsorge in Österreich: Demografischer Wandel und Herausforderungen
Die demografische Entwicklung in Österreich stellt die Altersvorsorge vor große Herausforderungen. „Nationale und internationale Experten sind sich einig, dass die demografische Entwicklung in Österreich zu einer Überalterung der Gesellschaft führt. Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt, während die Zahl der Rentenbezieher steigt“, erläutert Fichtenbauer. Diese Entwicklung werde durch die sinkende Geburtenrate und steigende Lebenserwartung noch verstärkt. „Es ist höchst an der Zeit, dass alle drei Säulen des österreichischen Pensionssystems – die staatliche, die betriebliche und die private Altersvorsorge – verbessert werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen“, fordert Fichtenbauer.
Die Versicherungswirtschaft hat laut ihr bereits konkrete Vorschläge gemacht, wie die Vorsorge verbessert werden kann: „Die Versicherungswirtschaft schlägt unter anderem die Halbierung der Versicherungssteuer im Bereich der privaten Pensionsvorsorge vor, die Modernisierung der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge und die Förderung durch steuerliche Anreize.“ Diese Maßnahmen könnten laut Fichtenbauer die derzeit bedenkliche Vorsorgesituation deutlich verbessern.
Die Rolle der betrieblichen Altersvorsorge: Flexibilität und staatliche Förderung
Fichtenbauer erläutert auch die zunehmende Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge. „Bei der DONAU haben wir uns stark auf die fondsgebundene Lebensversicherung und auf die betriebliche Altersvorsorge konzentriert und bieten umfassende Lösungen in diesen Bereichen an“, erklärt sie. Besonders die fondsgebundene Lebensversicherung sei aufgrund ihrer flexiblen Struktur sehr beliebt: „Die Kunden haben die Möglichkeit, selbst aus über 70 Fonds zu wählen und das Ergebnis je nach Risikoneigung zu steuern.“ Bei der betrieblichen Altersvorsorge sieht sie die Politik in der Pflicht, weitere Anreize zu setzen. „In der betrieblichen Altersvorsorge könnte die Politik Steuererleichterungen einführen, um dieses Modell attraktiver zu gestalten“, so Fichtenbauer.
Ausblick: Digitale Zukunft und Kundennähe
Die DONAU hat in den letzten Jahren verstärkt auf digitale Technologien gesetzt. „Unsere Kundenplattform ermöglicht eine schnelle und effiziente Bearbeitung von Anliegen durch Dunkelverarbeitung“, so Fichtenbauer. Über 70% der eingereichten Apotheken- und Arztrechnungen werden mittlerweile automatisiert abgewickelt. Sie sieht in der Kombination aus Digitalisierung und künstlicher Intelligenz eine große Chance, maßgeschneiderte Versicherungen anzubieten: „Wir setzen auf eine Kombination aus Digitalisierung und KI, um flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können.“
Für die Zukunft setzt die DONAU auf ihre Kundennähe und regionale Präsenz. „Wir bleiben nah am Menschen und bieten unseren Kunden sowohl die Möglichkeit, digital mit uns zu interagieren, als auch den persönlichen Kontakt, den viele nach wie vor schätzen“, fasst Fichtenbauer zusammen.
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