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Die „Anleger-Diät“: Warum Versprechen oft nicht halten

Die „Anleger-Diät“: Warum Versprechen oft nicht halten

26. September 2019

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6 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

„Berater und Anleger sollten weniger auf Werbeversprechen setzen“, sagt Dr. Stefan Tremel, Autor und Inhaber der Dr. Tremel – Kanzlei für Vermögensmanagement. Wie die zahlreichen Diät-Trends können auch die meisten Investmenttipps getrost ignoriert werden.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 9/26/2019

Herr Dr. Tremel, Sie haben vor kurzem den Ratgeber „Die Anleger-Diät“ herausgebracht. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ernährungs- und Investmentplänen?

Viele Ernährungsdiäten und die meisten Investmenttipps haben die Gemeinsamkeit, dass sie verlockend klingen, aber langfristig keinen Erfolg bringen. Beide versprechen, scheinbar gegensätzliche Ansprüche durch ein neuartiges Konzept zu vereinbaren. So wie die aktuelle Sommerdiät eine schnelle und leichte Strandfigur verspricht, so empfehlen Finanzzeitungen momentan zum Beispiel die Investition in den Zukunftstrend künstliche Intelligenz. Die Ernährungsindustrie unterstützt die verschiedenen Diät-Trends mit neuen Nahrungsmittelkreationen, seien sie nun light, cholesterinarm oder vegan. Auch die Finanzindustrie unterstützt die jeweiligen Modewellen im Investmentbereich mit immer neuen Produkten, nehmen Sie Robotik-ETFs, Dividendenfonds oder Bitcoin-Zertifikate.

Wie sollen Anleger mit der Flut an Investmenttipps umgehen?

Berater und Anleger sollten weniger auf Werbeversprechen der Finanzindustrie setzen, sondern sich auf wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse stützen. So hat der Nobelpreisträger Eugen Fama nachgewiesen, dass die Kapitalmärkte sehr effizient arbeiten und in den aktuellen Kursen alle Fakten, Hoffnungen, Erwartungen und Gerüchte eingepreist sind. Daher ist es nicht dauerhaft möglich, aufgrund eines Informationsvorsprungs den Markt zu schlagen. Wenn Anleger diese Erkenntnis ernst nehmen, kann das zu einer erheblichen Entspannung beitragen: Sie müssen nicht ständig den neusten Finanznachrichten hinterherjagen. Blenden Sie den täglichen Medienlärm aus und konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Grundprinzipien des Marktes und eine langfristige, solide Investmentstrategie!

Ist das Thema Geldanlage für Laien nicht zu kompliziert?

Bei der Umsetzung der Investmentstrategie ist die schiere Anzahl der angebotenen Finanzprodukte in der Tat unüberschaubar – ständig werden vielversprechende Neuheiten vorgestellt und erfolglose Anlageprodukte werden wieder vom Markt genommen. Um sich hier zu orientieren, sollten sich Anleger auf die Grundprinzipien der Geldanlage besinnen. In meinem Buch habe ich versucht, diese verständlich darzustellen, und in der Folge kann man Finanzprodukte leichter einsortieren: Welchen Managementstil hat der Investmentfonds – aktiv, passiv oder regelbasiert? Worauf bezieht sich das Produkt – wird ein Modetrend beworben oder wird damit ein dauerhaft belegbares Prinzip in der Geldanlage umgesetzt?

Anders als in der Werbung dargestellt, gibt es zum Beispiel keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass aktive Fondsmanager den Markt langfristig schlagen können. Anleger sollten daher eher zu passiven Indexfonds und zu Fonds greifen, die nach rationalen Regeln gemanagt werden. Aktiv gemanagte, prognoseorientierte Fonds verursachen höhere Kosten und bringen dauerhaft keinen Mehrertrag.

Was sind die wesentlichen Punkte einer guten Geldanlage?

Wichtig ist, sich eingehend mit den Funktionsweisen und Zusammenhängen des Kapitalmarkts zu beschäftigen. Auf dieser Basis sollte man sich für eine Investmentstrategie entscheiden, der man dauerhaft treu bleiben kann. Aktionismus und das Hin- und Herspringen zwischen immer neuen Modetrends und Entscheidungen aufgrund von tagesaktuellen Finanznachrichten wirken sich fatal auf die Anlegerrendite aus. Wenn Sie sich für eine Anlageberatung entscheiden, achten Sie darauf, an wen Sie sich wenden: Für welchen Anlagestil steht der Berater? Das gilt auch oder gerade für die sogenannten Robo-Berater, bei denen man sich nicht einem Menschen, sondern einem Computer-Programm anvertraut.

Der wichtigste Punkt einer guten Geldanlage ist nämlich, dass sie zu den Zielen des Kunden und seiner Lebenssituation passt – eine Geldanlageentscheidung sollte immer in eine umfassende Finanzplanung eingebettet sein. Diese lässt sich nur mit einem versierten und engagierten Berater aus Fleisch und Blut erstellen.

Welche Fehler machen Berater besonders oft?

Wer als Berater immer den aktuellen Investmenttrends folgt, macht es sich im Kundengespräch erstmal einfach. Der Kunde hat entweder eh schon davon gelesen oder man kann seine Empfehlung mit zahlreichen Presseartikeln untermauern. Da sich die Modetrends aber immer wieder ändern, führt dies im Lauf der Jahre zu einer sprunghaften und inkonsistenten Investmentstrategie. In den allermeisten Fällen wird die mögliche Rendite des Kunden dadurch deutlich gemindert.

Ein weiterer grundsätzlicher Fehler ist es, aus der Performance in der Vergangenheit auf die zukünftige Rendite eines Anlageproduktes zu schließen. Der Klassiker im Fondsverkauf ist beispielsweise, die Performance der letzten drei oder fünf Jahre heranzuziehen. Wer in einer solchen Rangliste am besten abgeschnitten hat, gilt als Kaufempfehlung. Hält der Kunde Fonds, die auf den hinteren Plätzen liegen, wird ihm zum Verkauf geraten. Zahlreiche wissenschaftliche Analysen zeigen jedoch, dass zwischen den Renditen der Vergangenheit und denen der Zukunft keine Korrelation besteht. Die Entwicklung einzelner Wertpapiere vorherzusagen, ist schlichtweg nicht möglich, den Blick in die Glaskugel kann man sich sparen. Viel sinnvoller ist es, sich auf die für den Gesamtmarkt langfristig verlässlich vorhandenen Renditen von Aktien und Anleihen zu verlassen.

Quelle: AssCompact Deutschland; gekürzt durch Redaktion Österreich

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