Anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokales beauftragte eine Versicherungsnehmerin einen Fachbetrieb mit der Durchführung der notwendigen Arbeiten am Schloss der Schaufenstertür. Dabei wurden jedoch keine Vorhangschlösser montiert. Nach einem Einbruch in das Geschäftslokal lehnte die zuständige Versicherung eine Deckung wegen grober Fahrlässigkeit ab.
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
welchem das Geschäftslokal der Versicherungsnehmerin unter anderem gegen das Risiko von Schäden in Folge von Einbruchsdiebstählen versichert worden ist. Anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokales beauftragte die Versicherungsnehmerin einen Fachbetrieb mit der Durchführung der notwendigen Arbeiten am Schloss der Schaufenstertür. Die beigezogene Schlosserei montierte dabei vier Sperr-/Schubriegel, unterließ es jedoch, Vorhangschlösser für die von ihr montierten Riegel beizustellen. Ebenfalls unterblieb ein eindeutiger Hinweis an die Versicherungsnehmerin, die Vorhangschlösser selbst zu montieren. Vielmehr teilte die Schlosserei der Versicherungsnehmerin mit, „dass die Türe wieder funktioniert und sperrbar gerichtet wurde“. Schließlich kam es über die Schaufenstertür zu einem Einbruchsdiebstahl, wobei die Tür zum Zeitpunkt des Einbruchs durch die Sperr-/Schubriegel (ohne Vorhangschlösser) versperrt war. Nach ordnungsgemäßer Schadensmeldung lehnte der Versicherer eine Zahlung unter Verweis auf den Ausschlussgrund der groben Fahrlässigkeit sowie mit der Begründung ab, dass die Versicherungsnehmerin die Sperrbarkeit der Schaufenstertür nach den Arbeiten des Schlossers überprüfen hätte müssen.
Wie ist die Rechtslage?
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist grobe Fahrlässigkeit dann gegeben, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. Dabei muss die Schadenswahrscheinlichkeit offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe liegt, zur Vermeidung des Versicherungsfalls ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen.
Im vorliegenden Fall führte der OGH (7 Ob 179/22g) zunächst aus, dass die Versicherungsnehmerin die Schaufenstertür durch einen Fachbetrieb reparieren ließ und von diesem Fachbetrieb zu erwarten gewesen wäre, dass dieser im Bedarfsfall die Vorhangschlösser selbst zur Verfügung stellt oder die Versicherungsnehmerin zumindest darauf aufmerksam macht, dass diese sie selbst beizustellen hat. Nach Ansicht des OGH konnte die Versicherungsnehmerin aufgrund der Beiziehung eines Fachbetriebes darauf vertrauen, dass die Schaufenstertür auch ohne Anbringung von Vorhangschlössern an den Schubriegeln ordnungsgemäß sperrt. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Gefahren eines Öffnens der Riegel von außen nach erfolgter Beiziehung eines Fachbetriebs keinesfalls so nahe liegen, dass von einer gleichgültigen Haltung der Versicherungsnehmerin oder von einer Außerachtlassung von für jedermann einsichtigen Sicherungsmaßnahmen auszugehen wäre. In der Gesamtschau ihres Verhaltens sowie des Ablaufs und der Umstände sei daher lediglich von leichter Fahrlässigkeit auszugehen und hätte die Versicherungsnehmerin keine weiteren Kontrollen veranlassen müssen.
Schlussfolgerungen
Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit müssen stets die Umstände des einzelnen Falls und die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Im Rahmen dieser Prüfung ist auf jenen Personenkreis abzustellen, dem der jeweilige Versicherungsnehmer angehört.
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