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Welchen Führungsstil erwartet die Gen Z?

(Bild: © Davide Angelini)

Welchen Führungsstil erwartet die Gen Z?

27. November 2024

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7 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Die Gen Z stellt traditionelle Arbeitsweisen infrage und legt großen Wert auf Flexibilität, Sinnhaftigkeit und Eigenverantwortung. Führungskräfte müssen einen Perspektivwechsel vornehmen, um diese Generation zu verstehen und motivieren zu können. Welche strategischen Maßnahmen sind notwendig?

Artikel von:

Andreas Wollermann

Andreas Wollermann

Berater und Trainer für Versicherer und Finanzdienstleister unter der Wortmarke GENsurance®|GENsurance®

Die Versicherungsbranche ist bekannt für Tradition, Beständigkeit und Struktur. Doch mit der Generation Z betritt eine Gruppe den Arbeitsmarkt, die diese Normen infrage stellt. Verhaltensweisen, Werte und Erwartungen haben sich stark verändert – und das nicht ohne Grund. Wir sprechen von einer Generation, die den digitalen Wandel von Kindesbeinen an miterlebt hat, die in einer Zeit des rasanten technologischen Fortschritts, globaler Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche aufgewachsen ist. Sie hinterfragt bestehende Strukturen und sucht nach Sinnhaftigkeit im Beruf. „Nine to five“ war gestern – heute stehen Flexibilität, Eigenverantwortung und persönliche Entwicklung im Mittelpunkt. Doch wie führt man diese Generation, wie motiviert man sie und wie gewinnt man ihre Loyalität in einer Branche, die nicht gerade für Innovationsfreude bekannt ist und in Beliebtheitsumfragen einen der hintersten Plätze belegt?

Perspektivwechsel ist der Schlüssel

Wenn Führungskräfte über die Generation Z sprechen, hört man oft Begriffe wie „verwöhnt“, „illoyal“ oder „unrealistische Erwartungen“. Diese Vorurteile kommen nicht von ungefähr, doch sie resultieren häufig aus einem Missverständnis der Motivationsgrundlagen junger Menschen. Die Generation Z ist geprägt von Unsicherheit, Digitalisierung, KI und einem ständigen Wandel. Sie ist nicht illoyal, sondern sucht nach Stabilität, Vertrauen und Sinnhaftigkeit in einem Umfeld, das von Unsicherheiten geprägt ist.

Anstatt junge Menschen vorschnell zu verurteilen, sollten Führungskräfte ihre Perspektive ändern und verstehen, dass das Streben nach Sinn nicht mit mangelnder Leistungsbereitschaft gleichzusetzen ist. Wer dies erkannt hat, kann die intrinsische Motivation der potenziellen Mitarbeiter gezielt ansprechen und fördern.

Mentoren-Programme und direkte Einbindung

Junge Menschen wollen nicht nur mitarbeiten, sondern aktiv gestalten und lernen. Mentoren-Programme, in denen junge Talente mit erfahrenen Führungskräften zusammenarbeiten, schaffen nicht nur eine starke Bindung zum Unternehmen, sondern vermitteln auch das Gefühl, wertgeschätzt und gefördert zu werden. Aber Vorsicht: Es geht nicht um klassische Patenschaftsmodelle, sondern um eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, in der beide Seiten voneinander profitieren. Es ist wichtig, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, an echten Projekten mitzuwirken, Verantwortung zu übernehmen und in strategische Überlegungen eingebunden zu sein anstelle „lästiger“ Kleinarbeit. Wer kann die Peergroup besser beschreiben als die Peergroup selbst?

Ein Beispiel aus der Praxis sind sog. Reverse-Mentoring-Programme, wobei junge Mitarbeitende erfahrene Führungskräfte in Sachen Digitalisierung, Social Media oder Recruiting begleiten. Das Resultat? Junge Menschen fühlen sich wertgeschätzt, die Führungskraft erhält neue Impulse – und das Unternehmen profitiert von einem spürbaren Innovationsschub durch Perspektivwechsel und Einbeziehung.

Nachhaltigkeit als Motivator

Für die Gen Z ist ein hoher Bonus am Jahresende kein Ersatz für das Gefühl, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben. Diese Generation möchte nicht einfach nur Geld verdienen – sie will mit ihrer Arbeit einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. Der Wunsch nach einem sinnstiftenden Arbeitsumfeld ist nicht nur ein „nice to have“, sondern ein echter Performance-Motor.

Führungskräfte sollten daher klarmachen, wie die Arbeit jedes Einzelnen zum Erfolg des Unternehmens und darüber hinaus zur Gesellschaft beiträgt. Ein einfaches „Wir steigern den Umsatz“ reicht nicht. Versicherer sollten die Brücke zwischen ihrem Angebot und einem höheren Zweck wie der Absicherung von Familien, der Sicherung des Lebensstandards von Großeltern oder der Unterstützung nachhaltiger Projekte klar kommunizieren.

Corporate Social Responsibility und soziale Projekte

Außerdem sollten Programme implementiert werden, die es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen, sich sozial zu engagieren. Dies kann durch Freiwilligentage geschehen, bei denen das Team gemeinsam soziale Projekte auswählt und unterstützt, oder durch die aktive Teilnahme an unternehmensinternen Nachhaltigkeitsinitiativen. Versicherer, die einen Teil der Gewinne in lokale Sozialprojekte investieren und es den Mitarbeitenden ermöglichen, diese Projekte vor Ort zu begleiten, schaffen nicht nur einen Mehrwert für die Gesellschaft, sondern stärken auch die Loyalität und Identifikation der Gen Z mit dem Unternehmen und steigern zugleich die regionale Bekanntheit.

Vertrauen als Führungsinstrument

Während ältere Generationen mit klaren Hierarchien und einem festen Karriereplan vertraut sind, hat die Gen Z eine andere Vorstellung von beruflichem Erfolg. Für sie zählt nicht der Titel oder die Bürogröße, sondern die Freiheit, ihre Arbeit so zu gestalten, wie es am besten zu ihnen passt. Das bedeutet nicht, dass sie weniger diszipliniert oder motiviert sind – im Gegenteil: Wenn dieser Generation die Freiheit gegeben wird, ihre eigene Arbeitsweise zu gestalten, zeigt sich oft überraschend hohe Produktivität.

Das Zauberwort lautet „Flexibilität“. Ob Arbeitszeitmodelle, Home-Office-Möglichkeiten oder projektbasiertes Arbeiten – Führungskräfte sollten darauf vorbereitet sein, individuelle Lösungen zu finden und eine Kultur des Vertrauens zu schaffen. Der Schlüssel hierfür liegt in der engen und individuellen Begleitung. Nähe statt Distanz und Offenheit statt Vorurteil machen den Unterschied.

Agile Arbeitsmethoden und flexible Karrierepfade

Agile Arbeitsmethoden wie Scrum oder Design Thinking sollten eingeführt werden. Diese fördern nicht nur die Flexibilität und Kreativität in den Arbeitsprozessen, sondern ermöglichen es den Teams, ihre Projekte eigenständig zu steuern und schnell auf Veränderungen zu reagieren. Flexibilität darf jedoch nicht nur im Projektmanagement haltmachen. Auch bei der Karriereplanung sollten Führungskräfte offen für neue Wege sein. Warum nicht eine duale Karriere ermöglichen, bei der junge Menschen sowohl in der Fach- als auch in der Führungsebene Erfahrungen sammeln können?

Mut haben, anders zu führen

Die Gen Z ist kein unbeschriebenes Blatt mehr und auch keine „schwer zu führende“ Generation. Sie fordert nur einen anderen Ansatz. Der Schlüssel ist ein wertschätzendes Führungsverhalten, das sich an ihren Bedürfnissen orientiert und nicht an alten Dogmen festhält. Wer bereit ist, starre Strukturen aufzubrechen, kann zukünftig auf Mitarbeiter setzen, die hochmotiviert und engagiert sind, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Stimme zählt und ihr Beitrag einen echten Unterschied macht.

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Kommentare:


Bernd Zimmel schrieb am 27.11.2024: " Es ist traurig, dass man dieses Thema überhaupt ansprechen muss. Ja, es stimmt! Die junge Generation hat materiell alles, was man sich vorstellen kann, allerdings mangelt es an persönlichen Werten (Respekt, Vertrauen, Loyalität, Wertschätzung, Liebe, Verlässlichkeit ..). Dazu kommt noch, dass aktuell viele Führungskräfte trotz unzähliger Seminare und Weiterbildungen nicht fähig sind eine Gruppe von Menschen so zu führen, dass sich eine Gemeinschaft entwickelt. Versagen in der Führung ist ein großes Problem, welches sich auf die Produktivität der Firma und auch auf die Psyche der Mitarbeiter negativ auswirkt. Ein Führungsstil nach den "3K" (Klare Ansage, Kompetente Entscheidungen, Konsequente Umsetzung) ist eine Rarität geworden. Viel mehr versuchen "moderne" Manager mit unzähligen Diskussionen ihre eigene Planlosigkeit zu überspielen und ihre Fehler auf die Mitarbeiter abzuwälzen. Eine alte Kommandantenweisheit: Fehler gehören den Kommandanten, Lob der Gruppe. Aber dazu gehört die entsprechende Persönlichkeit, die heutzutage nur wenige aus dem mittleren Management mitbringen. Lediglich Uni oder FH sind eben zu wenig, es braucht neben der fachlichen Kompetenz auch Charakter, Menschlichkeit und praktische Erfahrung (weil eben menschlich) um die besten Voraussetzungen als erfolgreiche Führungskraft mitzubringen. Nur dann kann man auch so führen, dass die Mitarbeiter wertgeschätzt werden und im Team zu Höchstleistungen bereit sind. Es ist meine persönliche Erfahrung. Ich leite 3 Betriebe, 3 Vereine und bin als Miliz-Angehöriger in einer Kommandantenfunktion. Führungsqualität ist der Schlüssel zur Zufriedenheit der Mitarbeiter und somit verantwortlich für ein angenehmes Arbeitsumfeld. "

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