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Bei Gesundheitsfragen gelogen: Wer ist schuld, Kunde oder Makler?

Bei Gesundheitsfragen gelogen: Wer ist schuld, Kunde oder Makler?

07. April 2016

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5 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Im Antrag für die Krankenversicherung sah die Krankengeschichte des Kunden deutlich anders aus als in der Realität. Hat er bewusst falsche Angaben gemacht, oder war es sein Makler? Dass diese Frage nicht entscheidend ist, verdeutlicht ein Urteil aus Deutschland.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 4/7/2016

Die Liste der ärztlichen Diagnosen, die der Kunde in den vergangenen zwei Jahre erhalten hatte, war lang: Haarausfall, ein gutartiger Lebertumor, ein zu hoher Cholesterinspiegel, Arteriosklerose, eine Milzzyste, eine Fehlstellung der Wirbelsäule, Herzklappeninsuffizienz und Spannungskopfschmerzen. Für die Behandlungen hatte er bereits Ansprüche seiner damaligen Krankenversicherung bezogen. Jetzt wollte er eine neue Krankenversicherung abschließen und besprach dazu seinen Gesundheitszustand telefonisch mit dem Makler. 

Ob es innerhalb der letzten drei Jahre Beschwerden und Untersuchungen gab? Unter dieser Frage stand im Versicherungsantrag nur der Hinweis auf Bluthochdruck und entsprechende Medikation mit dem Zusatz „keine Herz- Kreislauferkrankung“. Außerdem war angegeben, dass dem Mann ein Zahn fehle. In einem Formblatt der Versicherung verneinte der Kunde diverse Erkrankungen. Daraufhin nahm die Versicherung den Antrag mit einem Prämienzuschlag wegen Bluthochdrucks an.

Versicherer lehnt ab – Kunde hat falsche Angaben gemacht

Einige Monate nach Abschluss der Versicherung erlitt der Mann einen Herzinfarkt, außerdem hatte er eine Zahnbehandlung. Rund zehn Monate später trat der Versicherer vom Vertrag zurück und verwies dabei auf die Behandlungen in den Vorjahren und auch darauf, dass dem Kunden in Wahrheit - anders als angegeben - drei Zähne fehlten.

Der Kunde reichte eine Klage gegen den Versicherer ein und war damit in erster Instanz erfolgreich. Allerdings setzte sich die Versicherung mit ihrer Berufung am Oberlandesgericht Köln durch ( 20 U 210/13). Für das österreichische Recht ist Folgendes aus der Entscheidung relevant:

Egal, wer das Formular ausgefüllt hat – Kunde und Makler haben arglistig gehandelt

Wenn dem Kunden – wie die Versicherung behauptet – der Fragenkatalog bekannt und nach seinen Angaben beantwortet war, so habe er vorsätzlich, sogar arglistig gehandelt. Wer eine derartige Vielzahl an Behandlungen nicht bekannt gebe, wisse, dass er damit über die Entscheidung des Versicherers über den Abschluss beeinflusst. Das gelte auch dann, wenn einige der Diagnosen nach Meinung des behandelnden Arztes keinen besonderen Krankheitswert haben und der Kläger selbst sich für altersüblich gesund hält.

Ob nun der Makler – wie der Kunde behauptet – das Formular eigenmächtig ausgefüllt und dem Antrag erst nach der Unterzeichnung durch den Kläger beigefügt habe, sei unwesentlich. Ebenso keine Rolle spiele dabei, dass er die Angaben nicht in einen Fragebogen des Versicherers, sondern in ein selbst erstelltes Formular einträgt.

Verantwortlich für richtige Gesundheitsangaben ist der Kunde

Offen bleibe, ob der Kläger – wie er vor dem Landesgericht erklärt hat – im Telefonat mit dem Makler „locker über seine Erkrankungen gesprochen“ und was er dem Makler dabei wirklich mitgeteilt hat. In jedem Fall sei eine dem Kunden zuzurechnende Arglist des Maklers anzunehmen – und zwar unabhängig davon, ob dieser die Arztbehandlungen, die ihm der Kunde bekannt gegeben hat, bewusst nicht in das Formular aufgenommen hat, oder, ohne es genau zu wissen, die Gesundheitsfragen „ins Blaue hinein“ verneint hat. Klar ist: Als Makler war er sich der Bedeutung der Gesundheitsfragen zweifellos bewusst.

Die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes der Versicherungsmakler in der WKÖ zieht folgendes Fazit: „Gemäß § 16 VersVG trifft den Versicherungsnehmer die Pflicht, beim Abschluss des Vertrages alle erheblichen Gefahrenumstände anzugeben." Auch wenn der Versicherungsmakler selbst Gesundheitsfragen in einem eigenen Formular stelle, werde er dadurch nicht zum Erfüllungsgehilfen des Versicherers.“ Vielmehr sei es die Verantwortung des Kunden, alle erheblichen Gefahrenumstände mitzuteilen, wobei der Makler den Kunden in dieser Aufgabe vertreten könne. „In einem solchen Fall ist ein Fehlverhalten des Maklers, etwa Verschweigung von Vorerkrankungen, dem Kunden zuzurechnen.“

Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich

 

 

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