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Streitfrage: Wenn Schaden nicht bezahlt wird

Streitfrage: Wenn Schaden nicht bezahlt wird

31. Oktober 2017

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5 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Die böse Überraschung, nachdem die Schadenmeldung in voller Zuversicht an den Versicherer geschickt wurde: Deckung besteht nur in sehr eingeschränktem Ausmaß, zudem werden die Kosten erheblich gekürzt. Ein Thema, bei dem dieses Problem häufig auftaucht, sind Witterungsniederschläge in vermieteten Wohnungen.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 10/31/2017

von Reinhard Jesenitschnig, C:M:S: Maklerservice GmbH

Versicherer bieten Deckung für Schäden durch Witterungsniederschläge in zwei Varianten an. Zum einen durch eine Klausel, meist angesiedelt in der Sturm- oder Leitungswasserversicherung. Durch sie werden Kosten für Schadensbehebungen zum Neuwert im Inneren von Gebäuden ersetzt. Die meisten dieser Klauseln sehen die Deckung jedoch nur dann vor, wenn die Witterungsniederschläge an ganz bestimmten Stellen eindringen, etwa aus Dachrinnen, Ablaufrohren oder durch das Dach.

Ablehnungsbegründungen meist ähnlich 

Tritt das Wasser an anderen Stellen ein, z. B. über undicht gewordene Anschlüsse von Balkonen, nützt diese Klausel wenig. Man kann dann aber auf die Haftpflichtversicherung des Mehrparteiengebäudes zurückgreifen. Die Haus- und Grundbesitzhaftpflicht in den EHVB sieht vor, dass in Mietwohnungen Schäden durch Witterungsniederschläge an angeführtem Gebäudezubehör gedeckt sind und „der Ersatz die Kosten der Wiederherstellungsarbeiten“ umfasst. Wenn man nun diese Deckung in Anspruch nimmt, meist sind es Maler- und Bodenlegerarbeiten sowie – als Voraussetzung für die Durchführung dieser Arbeiten erforderlichen – Trocknungen, lehnen Versicherer regelmäßig die Übernahme der Trocknungskosten ab und berechnen die Reparaturkosten zum Zeitwert. Begründet wird diese eingeschränkte Abrechnung von vielen Versicherern in ähnlicher Art, eine davon sei – weil sehr detailliert und nahezu gleichlautend mit anderen Versicherern – beispielhaft zitiert:

„Im Bereich Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung sind Schadenersatzansprüche Dritter im Sinn des geltenden Schadenersatzrechtes (Ersatz bzw. Abwehr) abgedeckt. Folglich ist im Fall eines berechtigten Anspruchs eines Dritten maximal der Wert der beschädigten Sache zum Zeitpunkt der Beschädigung zu ersetzen (= Zeitwert).

Die taxative Aufzählung der Adaptierungen an denen Folgeschäden durch Niederschlagswassereintritte abgedeckt sind, haben wir bekannt gegeben. Eine mechanische Trocknung dieser Adaptierungen ist technisch nicht sinnvoll/möglich (z.B. versicherte Adaptierung – Malerei – kann nicht getrocknet werden). Die Gebäudesubstanz (Mauerwerk, ....), welche mechanisch getrocknet wird, zählt nicht zu den taxativ aufgezählten, zuvor erwähnten Adaptierungen.“

Zweifelhafte Begründung

Vertieft man sich allerdings in den Bedingungstext, werden Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen wach. Da ist zu lesen, dass „der Versicherer abweichend von Art. 1 AHVB Ersatz [leistet], auch wenn eine Haftpflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter nicht gegeben ist“ und dass „der Ersatz … die Kosten der Wiederherstellungsarbeiten“ umfasst. Es sind also nicht die schadenersatzrechtlichen Bestimmungen der §§ 1293 ff ABGB, wonach der „gemeine Wert“, also der Zeitwert, zu ersetzen ist, heranzuziehen. Darüber hinaus ist das angeführte Gebäudezubehör zumeist im Eigentum des Gebäudeeigentümers und Versicherungsnehmers, es sind somit Schäden an seinen eigenen Sachen versichert. Das klingt sehr nach „Sachversicherung“.

Nicht mehr Haftpflicht- sondern Sachversicherung

Und tatsächlich: Dieser hier gewährte, über den Schadenersatzverpflichtungen hinausgehende Versicherungsschutz gehört seiner Natur nach nicht mehr zur Haftpflichtversicherung, sondern bildet eine reine Sachversicherung. Bei den aufgezählten Schäden handelt es sich ja um solche am Zubehör des Hauses und damit am Eigentum des Versicherungsnehmers.

So zu lesen in den Erläuterungen zu den Haftpflichtversicherungsbedingungen des Versicherungsverbandes und verfasst von jenen Personen, die auch für die Erstellung der Bedingungen verantwortlich zeichnen. Sie erklären im Kommentar sehr ausführlich den Grund für die Aufnahme dieses „Fremdkörpers“ in die Haftpflichtbedingungen, Lesen empfehlenswert!

Bisher kein Gerichtsurteil

Die Annahme, die Aufzählung des Gebäudezubehörs sei vollständig (taxativ), wird vom Bedingungstext – und auch von den erwähnten Erläuterungen – widerlegt, heißt es dort doch „… und an sonstigem Zubehör des Hauses…“. Ja, und dann ist noch die Frage offen, ob zu den Wiederherstellungsarbeiten auch die Trocknungsarbeiten gehören. Kein Maler würde seine Farbe auf eine feuchte Wand auftragen, kein Bodenleger einen nassen Bodenbelag schleifen und versiegeln. Versicherer sind da anderer Meinung, jedenfalls was die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten angeht.

Der Tatsache, dass zumeist geringe Beträge zur Diskussion stehen, die je nach Kundenbeziehung auch manchmal kulanterweise geregelt werden, ist es geschuldet, dass trotz eigentlich klarer Bedingungslage noch keine klärende richterliche Entscheidung vorliegt. Noch nicht.

Der Artikel erscheint auch in der AssCompact November-Ausgabe.

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