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Der Sachverständige: sacrosanct – oder doch nicht?

Der Sachverständige: sacrosanct – oder doch nicht?

05. Oktober 2018

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Sachverständige liefern ihre Bewährungsprobe nicht ab, wenn ihr Gutachten den Vorstellungen des Kunden entspricht, sondern wenn es schlüssig, nachvollziehbar und für den interessierten Laien verständlich ist. Trotzdem stellt sich immer wieder die Frage: Wann können Sachverständige haften oder vom Versicherten abgelehnt werden?

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 10/5/2018

Von Reinhard Jesenitschnig, C:M:S Maklerservice GmbH*

Zur Frage der Verbindlichkeit eines Gutachtens hat der OGH mehrfach Stellung bezogen. § 64 VersVG normiert, dass die von einem Sachverständigen getroffenen Feststellungen dann nicht verbindlich sind, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Davon ist auszugehen, wenn sich die Unrichtigkeit einem Sachkundigen aufdrängt und mit Deutlichkeit ergibt. Dies wurde vom OGH bejaht, weil eine Ärztekommission die Kausalität zwischen Unfall und eingetretenen Dauerfolgen verneinte, obwohl sich in weiterer Folge herausstellte, dass Mitwirkung von 40% vorlag. Der Invaliditätsgrad war zwar richtig ermittelt worden, die Begutachtung war jedoch von Grund auf nicht nachvollziehbar gewesen. Das Ergebnis der Ärztekommission war daher nicht bindend (7 Ob 144/16a).

Da der Anspruch des VN in der Unfallversicherung grundsätzlich nicht fällig ist, solange ein Ärztekommissionsverfahren nicht durchgeführt ist, kommt der Beurteilung einer Verzögerung in der GA-Erstellung erhebliche Bedeutung zu. Der OGH weist in einem seiner Urteile darauf hin, dass diese erst dann anzunehmen sei, wenn der für die Feststellung normalerweise erforderliche Zeitraum erheblich überschritten werde und eine Abmahnung des Sachverständigen erfolge. Der „erforderliche“ Zeitraum hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Es bleibt also ein ordentlicher Spielraum, auch wenn der OGH feststellt, dass ein strenger Maßstab an die Beurteilung anzulegen sei (7 Ob 130/04z).

Haftung gegenüber Dritten

Sachverständige haften ihren Auftraggebern gegenüber nach den Bestimmungen des § 1299 ABGB. Sie gilt nicht gegenüber Dritten, aber auch hier gibt es Ausnahmen. Ein vom Strafgericht beauftragter Gutachter hatte die Verletzungsfolgen zweier Geschädigter zu beurteilen. Hierzu gehörte auch die Festsetzung der Schmerzperioden. Auf Basis dieses Gutachtens klagten die Geschädigten in der Folge Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem Straftäter ein. Im Zivilverfahren stellte sich heraus, dass die vom ursprünglichen Sachverständigen festgesetzten Schmerzperioden weitaus überhöht waren. Dadurch entstanden den Geschädigten erhebliche Prozesskosten, die sie nunmehr gegenüber dem Sachverständigen erfolgreich geltend machten. Der OGH argumentierte, dass die Haftung des Sachverständigen nach § 1299 ABGB gegenüber Dritten dann anzuerkennen sei, wenn er hätte erkennen können, dass auch die Interessen des Dritten mitverfolgt werden. Das ist dann der Fall, wenn er damit rechnen muss, dass sein Gutachten dem Dritten zugänglich ist und als Grundlage für seine Dispositionen dient, wie die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen (10 Ob 4/18p).

Ablehnung – schwerwiegende und nachvollziehbare Gründe

Und letztlich die Frage: kann ein Sachverständiger vom Versicherungsnehmer abgelehnt werden? Der Versicherte hat nach den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen jede zumutbare Untersuchung unter Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht zuzulassen. Für die Ablehnung eines Sachverständigen müssen schwerwiegende und objektiv nachvollziehbare Gründe vorliegen. So ignorierte ein Versicherter die Untersuchungstermine eines Sachverständigen, dem er zu einer früheren Untersuchung mangelnde Objektivität vorwarf. Der Sachverständige hatte ihm gegenüber das Untersuchungsergebnis positiv dargestellt, das schriftliche Gutachten jedoch negativ abgefasst. Der dadurch eingetretene Vertrauensverlust war für den OGH ausreichend Grund, das Verhalten des Versicherten nur leicht fahrlässig zu bewerten, wodurch der ursprüngliche Ablehnungsgrund (Obliegenheitsverletzung) des Versicherers wegfiel (7 Ob 51/08p).࿠

*gekürzte Fassung; der vollständige Artikel erscheint in der AssCompact Oktober-Ausgabe.

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