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Arglist nicht zu beweisen: OGH gibt nach Selbstmord der Witwe Recht

Arglist nicht zu beweisen: OGH gibt nach Selbstmord der Witwe Recht

08. Februar 2019

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5 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Nach dem Selbstmord eines Kunden war dessen Versicherungsmaklerin mit zwei Problemen konfrontiert: zum einen mit der Vertragsanfechtung des Lebensversicherers, zum anderen mit der Leistungsablehnung durch zwei Rechtsschutzversicherer. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied in beiden Fällen im Sinne der Witwe.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 2/8/2019

Von akad. Vkfm. Johann Mitmasser, Fachgruppenobmann und ehem. Ombudsmann der OÖ. Versicherungsmakler

Eine Kollegin hatte eine Familie bei der Finanzierung des Eigenheims begleitet. Unter anderem wurde zur Darlehensbesicherung eine Risikoversicherung für das Ehepaar abgeschlossen. Etwas später wurde auch eine eigene Rechtsschutzversicherung für die Gattin abgeschlossen, da sie sich selbständig machte. Zu einem Fall für die Gerichte wurden die Versicherungsverträge, nachdem der Ehemann nach Suizid verstarb. Routinemäßig bat der Ablebensversicherer den Hausarzt um Auskunft, ob der Gatte in letzter Zeit ärztlich behandelt wurde, was der Hausarzt bejahte. Es stellte sich heraus, dass der Mann mehrfach in psychiatrischer Behandlung war, es lagen auch stationäre Aufenthalte vor.

Klage gegen Versicherer – keine Rechtsschutz-Deckung

Auf dem Versicherungsantrag fanden sich jedoch keine Angaben bezüglich ärztlicher Behandlungen, obwohl am Antrag ausdrücklich danach gefragt wurde. Daraufhin focht der Lebensversicherer den Vertrag wegen Arglist an (Behandlungen verschwiegen), trat vom Vertrag zurück, die Witwe erhielt keine Ablebensleistung. So konsultierte die Witwe einen Rechtsanwalt, der beabsichtigte, die Versicherungsleistung aus der Risikoversicherung einzuklagen.

Jetzt wurde das Rechtsschutzproblem akut. Es gab eine passende Rechtsschutzpolizze des verstorbenen Ehemannes mit Einschluss von Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen. Der Rechtsschutzversicherer lehnte allerdings die Deckung ab, weil der Versicherungsfall nach Vertragsende eingetreten war. Auch die Rechtsschutz-Versicherung der Gattin lehnte die Deckung ab: Für den Baustein „Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen“ gilt bedingungsgemäß eine Wartefrist, die Polizze befand sich zum „Schadensdatum“ noch in dieser und die Wartefrist war nicht abbedungen.

Im Versicherungskonzept der Maklerin war auch nicht geplant, die Polizze des Gatten zu kündigen; die Rechtsschutzversicherung wurde durch das Ableben des Versicherungsnehmers beendet. Somit gab es für die Kollegin vorher auch keinen Grund, die Wartefrist abzubedingen.

Rechtsschutz- und Lebensversicherer leistungspflichtig 

Beide Sachverhalte, die Lebensversicherungs- und die Rechtsschutz-Causa, landeten vor dem OGH und endeten aus Sicht der Witwe erfolgreich. Der OGH erkannte, dass das Schadendatum in der Rechtsschutzversicherung nicht mit der Ablehnung der Leistung durch den Versicherer eingetreten sei, sondern mit dem Zeitpunkt der Antragstellung (weil der Versicherungsnehmer damals die Fragen auf dem Antrag zur Risikoversicherung falsch beantwortet hatte).

Die Ablebensversicherung konnte letztlich den Umstand der Arglist nicht beweisen. Arglist bedeutet sinngemäß: Der Kunde hatte deshalb die Antragsfragen nicht tatsachengerecht beantwortet, weil er wusste, dass er bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Antragsfragen keine Polizze erhalten hätte. Dieses „Erschleichen“ des Versicherungsvertrages erfüllt den Terminus der Arglist, den Nachweis dafür zu erbringen obliegt aber dem Versicherer und daran ist er in diesem Fall gescheitert.

Haftung der Maklerin?

Für die Kollegin war die Anfechtung der Leistung naturgemäß keine angenehme Situation. Der Anwalt der Witwe hatte ihr – gleich nachdem die Risikoversicherung angefochten wurde – mitgeteilt, sie könne sich auf eine Haftung einstellen, wenn der Rechtsschutzversicherer nicht leiste.

Ich sah als Ombudsmann in dieser Causa vorerst keine Haftung der Kollegin, empfahl ihr jedoch, den Fall trotzdem ihrem Haftpflichtversicherer zu melden. Ein Versicherungsmakler muss dann für einen nicht gedeckten Schaden haften, wenn er einen Fehler begangen hat und damit ein Verschulden des Versicherungsmaklers vorliegt. Ein Verschulden war aber von vornherein nicht automatisch zu sehen – auch der Haftpflichtversicherer der Versicherungsmaklerin sah aus den Umständen kein Verschulden.

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der AssCompact Februar-Ausgabe.

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