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Alkohol verträgt sich nicht mit Unfallversicherungen

Alkohol verträgt sich nicht mit Unfallversicherungen

24. Oktober 2018

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Wieder einmal wurde darüber gestritten, ob der Versicherer bei einem Unfall leisten muss, bei dem Alkohol im Spiel war. Klarheit gibt es beim Alkoholausschluss meist nicht, am Markt gibt es unterschiedliche Formulierungen – nicht alle nur zum Vorteil des Versicherungsnehmers.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 10/24/2018

Von Ewald Maitz, MLS

Die Bedingungen des Versicherungsvertrages enthielten unter anderem einen Ausschluss für Unfälle, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinsstörung oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente erleidet.

Der Versicherte stieg um etwa fünf Uhr morgens aus seinem Hotelzimmer im ersten Stock durch ein Fenster zum Urinieren und Rauchen auf ein schmales Flachdach, stürzte von diesem Dach ab und verletzte sich dabei schwer. Er war eine Stunde zuvor von einem Heurigenbesuch zurückgekehrt und war mittelstark alkoholisiert (1,88–1,92‰). Die Bewusstseinsbildung des Versicherten war laut OGH dadurch wesentlich beeinträchtigt und er unterschätzte durch die Alkoholisierung die – sich dann auch verwirklichende – Gefahr, in alkoholisiertem Zustand auf ein schmales Flachdach zu steigen und von dort hinunterzufallen (OGH 7 Ob 93/18d, versdb 2018, 47).

Leitlinien des OGH

Der OGH hat bereits in anderen Urteilen ausgesprochen, dass der Grenzwert des Alkoholisierungsgrads, ab dem der Ausschlusstatbestand der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit erfüllt ist, davon abhängt, ob die vom alkoholisierten Versicherten ausgeübte Tätigkeit besondere Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit stellt oder nicht. Die Grenzwerte der Alkoholisierung werden dementsprechend verschieden sein, je nachdem, ob der Versicherte etwa Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger ist. Wenn der Blutalkoholgehalt allein für die Annahme des Ausschlussgrundes noch nicht ausreicht, ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit danach zu messen, ob der Versicherte noch in der Lage ist, mit der jeweiligen Situation, in der er sich zur Zeit des Unfalls befindet, einigermaßen zurechtzukommen. Klar ist, dass die Situation, in der sich der Versicherte im entschiedenen Fall, befand, doch etwas außergewöhnlich und gefährlich war.

Keine fixen Promillegrenzen

Fixe Grenzwerte für die Leistungsfreiheit des Versicherers gibt es nicht. Wenn man sich an der österreichischen und auch deutschen Rechtsprechung orientiert, liegen die Grenzwerte etwa in folgenden Bereichen:

  • Autofahren 1,1 – 1,3‰
  • Radfahren 1,7‰
  • Fußgänger 2,0‰

Bei Unfällen außerhalb des Straßenverkehrs muss fallbezogen entschieden werden, ob die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten so herabgesetzt ist, dass sie der jeweiligen Gefahrenlage nicht gewachsen ist, wobei jedes Urteil des OGH mehr Sicherheit bringt, weil man sich an den Promillegrenzen orientieren kann.

Niedrige Promillegrenzen zulässig?

Problematisch sind meiner Ansicht nach fixe Promillegrenzen in den Bedingungen. So gibt es Versicherungsbedingungen, die z.B. für das Lenken von KFZ eine fixe Grenze von 0,8‰ vorsehen. Fraglich ist, ob derart niedrige Grenzen zulässig sind. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass der OGH solche Klauseln aufgrund gröblicher Benachteiligung des Versicherungsnehmers oder weil die Klausel für den Versicherungsnehmer überraschend ist, für unzulässig erklärt.

Fixe Promillegrenzen im Versicherungsvertrag zu vereinbaren macht dann Sinn, wenn diese als Wert definiert werden, bis zu welchem der Versicherer jedenfalls leistungspflichtig ist. Darüber hinaus muss der Versicherer beweisen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung durch Alkohol vorliegt.

Der Artikel erscheint auch in der AssCompact November-Ausgabe.

Der Autor: Ewald Maitz ist Autor der Kommentare zu den AHVB/EHVB und den AUVB. Er betreibt die Versicherungsrechtsdatenbank www.versdb.at und ist Herausgeber der Zeitschrift versdb print.

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